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Migration und Asyl – Die Frage des Kirchenasyls aus ethischer Sicht HfPV, SS 2017, S 6.3 „Powertag“, 6. November 2017 Volker Klapp, November 2017
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Welche Werte, welche Ethik bestimmt unser Denken und Handeln? z.B. Aristoteles: Streben nach der ausgleichenden Mitte! z.B. Immanuel Kant: Pflichtenethik
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Pflichten-Ethik: Hilfe in dem Maße zu leisten, wie es einer höheren Gerechtigkeit von uns fordern würde, ist unsere moralische Pflicht. Gewissensethik: Wir müssen maximale und optimale Hilfe leisten, um keine Schuld durch unterlassene Hilfeleistung auf uns zu laden. Nützlichkeits-Ethik: Wenn unser Handeln gegenüber Migranten Gutes für beide Seiten hervorbringt, so ist es nützlich für alle und damit gut. Glücksethik: Wenn unsere Hilfe andere und uns selbst glücklich macht, so ist das Ergebnis für alle Seiten gut. Verantwortungsethik gebietet uns das zu tun, was wir sowohl vor unserem Gewissen als auch gegenüber allen Beteiligten verantworten können.
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Ist Kirchenasyl eine Lösung weil a priori ethisch unbezweifelbar?
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Kirchenasyl basiert auf antiken Traditionen: o wer sich zum Götterbild hin gerettet hatte, war tabu (ἱκεσία = Hikesie) o Tempel war heiliges „exterritoriales“ Gebiet o Verletzung der Hikesie -> Zorn der Gottheit -> Strafe für Täter Beispiel 1. (Mythos: Kampf um Troja) Aias vergewaltigt Kassandra, die das Götterbild umgreift, verstößt damit gegen das Asylrecht zieht dadurch den Zorn der Göttin Athena auf sich und stirbt.
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Beispiel 2. Athen Die Flucht zum Parthenon war noch keine Rettung
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Er oder sie musste sich dann noch in den Tempel hinein retten... Beispiel 2. Athen Die Flucht zum Parthenon war noch keine Rettung
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Er oder sie musste sich dann noch in den Tempel hinein retten...... und das Standbild – hier das der Göttin Pallas Athene – umfassen. Beispiel 2. Athen Die Flucht zum Parthenon war noch keine Rettung
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Wer sich in einen Tempel, z.B. den des vergöttlichten Caesar, gerettet hatte,... Neben dem religiösen gab es auch ein von einem Herrscher gewährtes Asyl (ἀσυλία, Asylie = Unverletzlichkeit) Beispiel 3: Rom
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... und die Statue des Divus Iulius Caesar umfasste, hatte es (fast) geschafft. Dem Flüchtling konnte der Kaiser Asyl gewäh- ren, musste es aber nicht. (Standbild Caesars am Forum Romanum.) Wer sich in einen Tempel, z.B. den des vergöttlichten Caesar, gerettet hatte,... Neben dem religiösen gab es auch ein von einem Herrscher gewährtes Asyl (ἀσυλία, Asylie = Unverletzlichkeit) Beispiel 3: Rom
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Asyl-Verfahren damals ( ≅ heute?): Registrierung der Flüchtlinge (Name, Herkunft und Grund der Flucht) Ziel: Vermittlung, Lösung des Problems kein Dauer-Asyl im Tempelbezirk Oft mündend in Gerichtsverfahren Asylsuchende außerhalb des Tempels nur unantastbar, wenn sie mit einem Götterbild ( = Gottheit) verbunden waren, d.h. es trugen oder durch einen Faden mit ihm verbunden waren. Riss die Verbindung, war der Schutz weg - mit erwartbarer Folge. Artemis-Statuette aus Terrakotta
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Kirchenasyl heute Zweck: Flüchtlinge vor Abschiebung zu bewahren, wenn begründete Zweifel an einer gefahrlosen Rückkehr bestehen. Bundesweit konnte in 70-90% aller Fälle geholfen werden (z.B. bei Härtefällen und Verfahrensfehlern). Theologisches Spannungsverhältnis: zwar „Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist und Gott, was Gottes ist!“ (Apg. 5, 29,) aber „Man soll Gott mehr gehorchen als den Menschen!“ (Matth. 22, 21).
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Problem für Staat und Kirchen: Kirche und Pfarrer stehen nicht über dem Recht. Kirchenasyl ist nicht deshalb schon unbezweifelbar gut und richtig, weil die Kirche es vertritt. Der Staat soll gezwungen werden, Asylsuchenden primären statt subsidiären Schutz zu gewähren. Kirchenasyl kann zwar auf eine gute Lösung hindeuten, kann aber selbst eine solche Lösung nicht sei und muss überflüssig werden!
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ethische Probleme: Verantwortung gegenüber den Migranten vor Ort aber auch gegenüber der eigenen Bevölkerung Probleme der Kommunen Kosten für Bund, Länder und Kommunen kult. Spannungen Kriminelle unter den Migranten Sollen die Wartenden auch aufgenommen werden? Wann und wie will der Staat Migration begrenzen? Wie sollen die Migranten integriert werden? Gut gemeint ist nicht auch gut gemacht! Vorbehalte, Ängste der Deutschen sind real! Der Staat muss sich Vertrauen zurück erwerben!
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Entscheidungen, auch politische, speisen sich aus rationalen und faktenorientierten Überlegungen, aber auch aus Ängsten, Wünschen und Werten – und aus Vertrauen!
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Das ethische Dilemma bei der Lösung der Probleme mit der Migration liegt in den Gründen, die Menschen, also auch Politiker, zum Handeln veranlassen: einerseits: von legitimen Interessen bestimmte Realpolitik -> Abwehr von Migranten
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Das ethische Dilemma bei der Lösung der Probleme mit der Migration liegt in den Gründen, die Menschen, also auch Politiker, zum Handeln veranlassen: einerseits: von legitimen Interessen bestimmte Realpolitik -> Abwehr von Migranten andererseits: von Werten, Idealen, Mitleid und Liebe bestimmte Idealpolitik -> Aufnahme aller
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»Man kann sagen, daß drei Qualitäten vornehmlich entscheidend sind für den Politiker: Leidenschaft - Verantwortungsgefühl – Augenmaß.... Die Politik bedeutet ein starkes langsames Bohren von harten Brettern mit Leidenschaft und Augenmaß zugleich. « Max Weber, Jurist, Ökonom, Soziologe (1864-1920)
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Wenn Migrationspolitik - wie von Aristoteles gefordert – bestrebt ist, Maß und Mitte zu wahren, so orientiert sie sich zugleich an der Pflichten-Ethik wie an der Verantwortungs-Ethik. Hier fehlt der Ausgleich.
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„Asyl für alle!“ „Alle auf eine Insel!“ feste Obergrenze Einwanderungsgesetz Kirchenasyl...... Wofür entscheiden Sie sich, und wie begründen Sie - mit Bezug zur Ethik - Ihre Entscheidung? Wo sind die Extreme, wo sind Maß und Mitte in diesem Problem?
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